Na ja, weder mit den Herrschaften selbst noch mit dem Schriftsteller John Irving möchte ich Carmen oder mich gleichsetzen, aber ich möchte Carmens poetische Beschreibung eines Trainingslaufes in Tettau mit ein paar Fakten umrahmen.
Dieses Jahr begann die Saison 2014/15 mit dem Trainingslager in Tettau vom 3. bis 5. Oktober. Bereits am Mittwoch waren einige da, um alles soweit vorzubereiten, dass am Freitag ganz früh gestartet werden konnte, denn es waren sommerliche Temperaturen angesagt. Timo Litt, ein neues, aber bereits sehr aktives DSLT Mitglied, hatte sich bereit erklärt, die Organisation zu übernehmen, natürlich von ein paar „Alten“ unterstützt. Wie immer wurden wir in Tettau herzlich willkommen geheißen und uns nahezu jeder Wunsch von den Lippen abgelesen, der Schlüssel zum Tor, das letztes Jahr etwas für Probleme gesorgt hatte, lag ebenso bereit wie ein Seitenschneider, um die Zäune zu entfernen, die die Strecke behindert hätten (zum Glück konnten wir die zwei Stellen einfach aufknoten und mussten nicht „randalieren“). Schnell waren die gut 7,5 Kilometer ausgeschildert und wir konnten die Sonne genießen und auf die eintreffenden Mitstreiter warten. Immerhin kamen 10 Gespanne, um in Tettau die nicht sehr lange, aber sehr anspruchsvolle Strecke zu nutzen und so früh in der Saison und bei den Temperatuten war es auch genau das richtige Maß.
Wie schön es war, beschreibt Carmen Götz im Folgenden:
Tettau, 04. Oktober, Schlittenhunde-Trainingslager
Es ist kalt, leichter Raureif überzieht die Wiesen und Felder. Ich habe in der Nacht ein wenig gefroren in meinem leichten Schlafsack. Nebelschwaden ziehen still durch die Landschaft und weichen zögernd der wärmenden Sonne, die am Horizont aufsteigt. Zwischen den Nebelschwaden tauchen Ketten von dunkelgrünen Tannenwipfeln auf.
Ich stehe auf dem Trainingswagen und blicke auf vier freudig wedelnde Hunderuten. Eifrig ziehen die Schlittenhunde ihre Last durch den kalten Morgen. Nach dem lauten Freudengeheul von ungefähr fünfzig Schlittenhunden, die nacheinander in verschieden großen Gespannen den Platz verlassen, genieße ich die Stille der vor mir liegenden Landschaft.
Doch nun biegen wir ab von der geteerten kleinen Straße in den Wald. Es geht über Wurzeln und holprigen Waldboden. Zu laut klappern Teile des Wagens in die friedliche Stille hinein. Ich fühle mich plötzlich wie ein Störenfried im Paradies. Schräg fallen Sonnenstrahlen in den dunklen Wald und lassen Tautropfen auf moosigem Boden lustig blinzeln. Wir holpern langsam den Berg hinauf. Der Atem der Hunde gesellt sich zu den Nebelschwaden, die uns umschweben.
Oben angelangt öffnet sich der Weg und vor uns strahlt die Sonne hell auf die kleine Waldwiese. Sie ist übersät mit kleinen Spinnennetzen, in denen sich als einzige Beute der Morgentau verfangen hat. Die vielen kleinen Kunstwerke halten sich fest an vom Herbst schon bunt gefärbten Gräsern. Wie kalter Dampf wabert im Hintergrund der Morgennebel. Ein paar Herbstblätter fallen wie bunter Sternenregen zwischen unzählige Taudiamanten, die kostbar glitzern. Wir ziehen auf dem Weg mitten durch diese Märchenlandschaft und werden Teil dieses paradiesischen Augenblicks.
Der Weg führt weiter durch den Wald. Bald geht es in wildem Galopp über knorrige Wurzeln kurvig bergab.
Ich fühle mich zurück versetzt in meine Kindheit als ich mit dem Fahrrad durch den Wald über Stock und Stein jagte mit dem Gefühl von Abenteuer und der wilden Lust von Geschwindigkeit und Freiheit, wie ein Cowboy, der ein Wildpferd zureitet. Das Klappern des Wagens stört nun nicht mehr, genauso wenig spüre ich noch die kalten schmerzenden Hände. Ich bin Teil der Natur geworden, eins mit dem Wald, mit den Hunden, mit dem herbstlichen Paradies, in dem ich unterwegs sein darf. Der Pfad führt nun wieder durch ein ebenes, dicht bewachsenes Waldstück. Die Stimmung ist plötzlich eine ganz andere. Das Sonnenlicht dringt an dieser Stelle nur zögerlich durch und eine dunkle, dunstige Ruhe umfängt uns. Ich lasse die Hunde kurz pausieren, um die Stille besser wahrnehmen zu können. Es riecht feucht modrig kühl und nur zaghaft zwitschern ein paar Vogelstimmen durch den Wald.
Irgendwo zwischen den Bäumen ist ein knackendes Geräusch zu vernehmen und es ist vorbei mit dem Träumen. Die Hunde werfen sich sofort in die Leinen, heulen und springen ganz nach Schlittenhundeart und folgen damit ihrem natürlichen Jagdtrieb. So haben sie mich schnell zum Aufbruch überredet und bald kommen wir an langen Baumstämmen vorbei, die am Wegesrand gestapelt liegen. Es kann noch nicht sehr lange her sein als sie geschlagen wurden, denn sie verströmen einen starken herb harzigen Geruch. Ich liebe diesen typischen Holzduft und sauge ihn tief in meine Lungen ein.
Auf jedem Meter dieser Strecke werden meine Sinne angesprochen, gereizt und verwöhnt.
Vor uns wird es nun wieder heller, der Pfad biegt scharf nach rechts ab und plötzlich sind wir im strahlenden Sonnenschein unterwegs. Der Weg führt direkt am Waldrand entlang über einen steilen Skihang hinauf auf die Höhe. Verlassen schaukeln Stahlseile im Wind, einsam steht oben die Liftstation, kleine Blumen blühen auf dem verlassenen Gelände.
Abrupt halten die Hunde, um zu verschnaufen, denn es ist inzwischen sehr warm geworden und der Weg ist steil, der Wagen schwer. Ich nutze den Halt um meine Jacke auszuziehen. Dabei blicke ich links über das Tal, aus dem die letzten morgendlichen Nebelschwaden hoch wabern. Dunkle Silhouetten waldbewachsener Hügelketten blicken dazwischen hervor. Das dunkle Grün der Tannen ist durchzogen von bunten herbstlichen Tupfern der Laubbäume, die fröhlich in der Sonne leuchten.
Ich steige ab und belohne die Hunde für ihren unermüdlichen Fleiß. Dankbar blicken mich die warmen braunen Augen der drei Malamuten und einer kleinen Grönländerin an. Sie drücken sich an mich und wedeln mit ihrer schönen buschigen Rute. Immer wieder von Neuem berührt mich der Anblick dieser ungewöhnlichen, wolfsartigen Tiere, die unablässig zu lächeln scheinen.
Jedes Mal, wenn mir ein Hundegespann entgegen kommt, geht mir das Herz auf, wenn sie so eifrig daher traben mit ihrem freundlichen Gesichtsausdruck und den erhobenen Ruten. Es ist eine wunderbare Art in der Natur unterwegs zu sein. Auf der Höhe angekommen führt der Weg wieder in den Wald. Auch auf den letzten Metern werde ich fast hinter jeder Wegbiegung von einer anderen Stimmung überrascht.
Hier ergießen sich Sonnenstrahlen wie ein Wasserfall vom Himmel durch die Bäume und Nebel dampfen wie Gischt des tobenden Wassers nach oben. Dort umfängt mich wieder dunkle Stille geheimnisvoll mit herb harzigem Duft, dann wieder winken mir die Bäume wiegend im Wind ihren fröhlichen Morgengruß zu, um mich danach wieder eintauchen zu lassen in eine sphärisch glitzernde Morgenstimmung.
Es sind ursprüngliche Augenblicke von Glück und Zufriedenheit, die ich in mich aufnehme und speichere in einem Winkel meiner Seele, in den ich mich flüchte, wenn mich der Alltag wieder umfängt. Viele dieser Augenblicke versammeln sich dort, damit ich jeden Tag ein wenig von diesen wunderbaren Erlebnissen zehren kann.
Carmen Götz
Zurück im Stake out konnten dann alle das herrliche Altweibersommerwetter genießen und wie meistens beim DSLT kam auch das leibliche Wohl der Teilnehmer nicht zu kurz. Gegrillte Steaks mit Kartoffelsalat und über dem abendlichen Lagerfeuer gekochte Suppe hielten die Musher bei Kräften, nachmittags in der Sonne konnte entweder mitgebrachter eigener oder frisch gebackenen Kuchen des TSV genossen werden.
Am Samstag hatte sich Martin Heckwolf bereit erklärt , ein BM für die Teilnehmer zu halten und da sich ausschließlich Rad-/Rollerfahrer angemeldet hatten, fand dies direkt auf der Trainingsstrecke statt. Abends hatten wir uns bereits mit den Inhalten beschäftigt, morgens ging es dann an die praktische Umsetzung. Gespann anhalten, wenden, booten, snacken, über eine Brücke oder ein Hindernis bringen etc. ist natürlich für einen „ein Hunde Tourenfahrer“ nicht so schwierig, überholen/ überholt werden und Head on Passing dagegen zum Teil auch eine richtige Aufgabe, aber immer noch deutlich leichter als mit einem großen Gespann. Für den Punkt: „in den Schlittensack packen“ kam endlich mal mein Transportrucksack zum Einsatz, vor Jahren hatten wir bei einer JHV den Mitgliedern dieses Teil bereits einmal vorgestellt und die Möglichkeit zum Nachbestellen organisiert. Für meine Huskyprinzessin genäht war es schon fraglich, ob die Malamutmaus überhaupt dort hinein passen würde und was sie davon wohl halten würde. Unterstützt von kräftigen Herren konnte ich Caya jedoch ohne Probleme eintüten und auf den Rücken nehmen. Nichts für den Dauergebrauch, aber sehr beruhigend, dass es im Notfall möglich ist, den Hund bis zum nächsten befahrbaren Weg zu bringen.
Viel zu schnell war es schon wieder vorbei, am Sonntag sammelten die Gespannfahrer die Schilder gleich mit ein, alles wurde aufgeräumt und sich herzlich von allen verabschiedet.
Wie immer gilt unser Dank allen, die zum Gelingen beigetragen haben und ich denke, das Trainingslager in Tettau wird wieder fester Bestandteil des DSLT Veranstaltungskalenders werden.
Sonja Merbach