"Auge in Auge mit dem Wolf im Hundepelz
Ich möchte mich kurz als pragmatischer, naturliebender Freigeist vorstellen: Ich, Anke Herfurt, Berlinerin mit Lebenserfahrung, bin auf der Suche nach dem Ursprünglichen von der Natur inspiriert. Ich habe zudem bisher noch jeden Hund, der meinen Weg gekreuzt hat, geknuddelt. Nun also Schlittenhunde, die als schöne, kraftvolle Tiere mit ihrem Bewegungsdrang und ihrer Affinität zum Polarwinter eine ambitionierte Hundehaltung beanspruchen. Die ich gerne mitgestalten möchte. Ich lebe Herausforderungen, bin weltweit langjährig als Individualtouristin gereist und hinterfrage derzeitig meinen Karriereweg und meine Berufung – vielleicht als doghandler? Komfortzone und Lebensqualität gilt es zu überdenken. Carpe diem
Ich war ab 26.12.2019 vor Ort, als der DSLT über Silvester in Tettau/Bayern ins Trainingslager einlud. Bereits zum zweiten Mal habe ich das Zusammensein mit Menschen und Tieren genossen, die mir zu berauschend neuen Einsichten verhalfen. Ich möchte mit diesem Beitrag aus 2018 für diese unvergessliche Zeit danken.
Eure Anke
Es begann alles mit meinem Polarlicht-Urlaub in Norwegen. Chasing Northern Lights war ein voller Erfolg, aber ohne Schlittenhunderlebnis fehlte ein Winter-Highlight in diesem Urlaub. Deshalb war ich fasziniert, als ich herausfand, wie zahlreich der Schlittenhundesport in Deutschland vertreten ist. Die Welt der Musher und Huskys mit ihren Vereinen, Rennen oder Touren und Treffen rückte unverhofft nah an mich heran, als ich vom Trainingslager des Vereins las. Und sie zog mich in ihren Bann. Ob ich wohl als Gast am Camp teilnehmen könnte – ohne jemanden dort zu kennen oder je ein solches Trainingscamp gesehen zu haben und gar als Nicht- Hundebesitzerin?
Wunsch nach „Hundezeit“
Kaum hatte Timo als Tourenwart und Organisator zugestimmt, hatte ich mich beim Gasthaus Possecker im Ort eingebucht und mir ein Buch über Nordlandhunde besorgt. Aufgeregt, wie lange nicht mehr, fand ich mich beim ersten gemeinsamen Abendessen ein. Lebhafte Gespräche völlig neuer Themen fesselten meine Aufmerksamkeit. Begriffe wie „Stake Out“, „Skooter“, „Head on passing“ oder „Pulka“ hatte ich bereits gelesen, aber mir fehlten die Bilder zu den Erzählungen. Also hörte ich zu und freute mich, als man mich willkommen hieß und meinen Wunsch nach „Hundezeit“ allgemein begrüßte. Mein Wunsch war es, mich mit dem Schlittenhundesport und der Hundehaltung vertraut zu machen. Mehr als 40 Musher und über 100 Fellnasen galt es also zu treffen; sogar konkret mit einer Verabredung zur Ausfahrt am nächsten Tag.
Weit entfernt vom nordischen Winter, lernte ich das Outdoor-Camp eingehüllt in einen Hauch von Restschnee kennen. Skihütte mit Holzofen, Sportvereinsheim mit Küche und sanitären Anlagen zeichnen de ehemaligen Austragungsort internationaler Tourenrennen aus. Das Areal am hiesigen Sportplatz präsentierte sich mit Trailern, lastentauglichen Fahrzeugen mit Einblick in Thermo-Hundeboxen oder Futterlager mit Schweineohren und einem Tipi mit gemütlich rauchendem Schornstein.
Und ich hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit von unzähligen blauen, dunklen und mehrfarbigen, auf mich gerichteten Augenpaaren! Die Vertreter aller nordischen Hunderassen schienen nur auf mich zu warten und ließen mein Herz freudig hüpfen. Bereitwillig luden mich die Musher in ihre Lager ein. Noch bevor ich meine Verabredung am Stake Out von Samira und Timo einlösen konnte, hatte ich schon – noch recht zögerlich – streichelwillige Alaskan Malamuten und Grönlander begrüßt.
Vitalität und Freundlichkeit drängten sich mir mit feuchtem Begrüßungskuss entgegen. Auch die Meute am Stake Out dahinter, bestehend aus je 15 und 10 Vierbeinern (Siberian Huskys und Samojeden) war beeindruckend. Ich stellte mich bei jedem einzelnen Tier vor, die jeweiligen Leithunde des Teams möglichst vorrangig ansprechend. Es war eine win-win-Situation des Glücklichseins, die ich während der nächsten vier Tage noch gehörig auskostete.
Touren gemeinsam mit anderen Huskygespannen
Während im Gemeinschaftsraum der Skihütte noch gefrühstückt wurde, brach ich sodann auf meine allererste Trainingsfahrt auf. Als Passagier natürlich, als ausgleichenden Ballast für die Zugkraft der Gespanngröße, nicht als Gespannlenker.
Diese Fahrt und auch die Touren gemeinsam mit anderen Huskygespannen waren sehr abwechslungsreich. Auch ich fand die wechselnden Bodenbeschaffenheiten und die freigegebenen Strecken aufregend. Waldwege mit Tunneloptik, Steigungen und kurze Richtungswechsel waren für die quirligen Kraftpakete und uns Huskyfreunde gut zu bewältigen. Es waren Gefährte von zwei bis zu vier Rädern vertreten, die ich mir gern auch genauer erklären ließ. Ich habe vermittelt bekommen, dass neben der Freude am Freizeittraining das Tierwohl und die artgerechte Haltung das Vereinsleben prägen.
Wissend um die Ruhezeiten der Tiere oder ein vereinzeltes scheues Naturell, übte ich mich ausgiebig im Umgang und in der Ansprache der Tiere. Ein wenig konnte ich mich in Sachen dog handling auch nützlich machen. Unter dem ohrenbetäubendes Heulen der laufwilligen Teams packte ich beim Anschirren mit an. Dabei behielt ich auch die Nerven, wenn ich mich weit aufgerissenen Rachen mit langen Fangzähnen gegenüber sah oder die Gespanne beim Start katapultartig an mir vorbei schossen. Dampfende Hinterlassenschaften der Vierbeiner sammelten nicht nur ihre Doghandler ein, auch die Musher waren aufmerksam bemüht, ihren Stellplatz wohnlich zu halten. Das war nicht nur den Gastgebern in Tettau geschuldet.
Niedliche Huskywelpen
Ich war auch mit Hunden am Beckengurt auf Waldspaziergängen unterwegs, die noch zu jung für das Schlittenhundetraining waren. Mein junger Lieblings-Husky Pan musste in Sachen Kuschelzeit beinahe zurückstecken, als die Welpenschule eingeläutet wurde. Was für niedliche Huskywelpen tollten durch die Skihütte! Da fiepte es unaufhörlich und das rutschende Klacken der Pfoten kam mal von tief unter der Fensterbank her oder keck von der Spähposition im Schutz der Huskybesitzer. Unter begeistertem Zuspruch aller Anwesenden fand Gabi für einen 11 Wochen alten Malamuten ein neues Zuhause, nachdem dieser erst Stunden vorher der Züchterin direkt im Camp zurückgegeben worden war. Meine eigene Begeisterung über diese unbeschwerte Hundezeit war langanhaltend und erhielt mit Grillen, Musherabend zu Silvester oder der Vorfreude auf tolle Fotos viele schöne Impulse. Wenn ich mal groß bin, widme ich mich auch einem Hund – und in der Zwischenzeit mische ich mich gern wieder unter die nordischen Fellnasen. Und das meine ich auch so, schließlich ist das nächste winterliche Schlittenabenteuer in Schweden bereits gebucht.