Wo das eine Abenteuer endet, beginnt auch schon das Nächste…

Endlich hieß es das erste Biwak in Schweden! Die ersten Tage bei Gaby habe ich täglich auf ihre Karte geschaut und wir haben gemeinsam überlegt welche Strecke ich fahren könnte. Ehrlich gesagt hatte ich hier nach meiner ersten Schlittenfahrt nicht mehr daran geglaubt, dass es bei dem Tiefschnee eine längere Tour wird. Aber vom Wochenende waren die Wege zum großen Teil gespurt und es sah sehr gut aus, wenn es nur nicht auf einmal so kalt werden würde. Für die Nacht, wo ich vor hatte draußen zu sein waren -25 Grad angesagt. Als wir von Sabine kamen und genau diese Temperaturen atten, sagte ich noch Biwak ja aber -10 bis -15 Grad reichen fürs erste.

Diese Temperaturen hatten wir auch bis dahin die ganze Zeit bei Gaby. Es war in der Tat nur diese eine Nacht, die so kalt werden sollte. Wir überlegten es auf einen anderen Tag zu verschieben mit dem Risiko vielleicht gar nicht zu fahren, wenn was dazwischen kommt und bis zum Morgen war ich mir
nicht wirklich sicher. Beim Frühstücken entschied ich dann einfach zu fahren, schließlich war es jetzt gerade auch nicht so kalt und mit der Sonne sollte es ein wirklich schöner Tag werden.

Bis der Schlitten mit allem wichtigen gepackt war und ich los kam, war es Mittag. Die Sonne lachte zwischen den einzelnen Wolken am Himmel. Mit dabei waren die Flockys Willow, Apache, Nilaq, Skadi und Jokkmokk und als Vertretung der Huskys Loki. Der Plan war bis nach Adak zu fahren und dort in einer Stuga zu übernachten, um am nächsten Tag zurück über Malâ nach Hause zu fahren. Das Zelt hatte ich dennoch mit, falls der Plan nicht so ganz auf gehen würde, denn wir waren die Wege zuvor nicht abgefahren und so wusste ich dementsprechend auch nicht was uns erwarten würde. Den ersten Teil der Strecke kannte ich ja bereits, durch unsere Touren am Vortag.

Wieder ging es durch ein Stück Wald mit Schnee bedeckten Bäumen. Daran kann man sich einfach nicht satt sehen. Dann verließen wir die uns bekannten Wege. In den letzten Tagen hatte ich schon gemerkt, dass die Skoterkreuze hier nicht so häufig anzutreffen sind, wie wir es aus Drevdagen gewohnt waren. Auch von Mörtjärn entfernt wurden die Skoterkreuze nicht mehr. Um mir sicher zu sein, dass ich auf den richtigen Weg bin, schaute ich immer wieder auf die abfotografierte Karte und verglich dies mit der Karte von Komoot, wo ich sehen konnte an welchem Punkt ich gerade war. Durch die vielen Seen in dieser Gegend viel die Orientierung leicht. Immer wieder kam ein Schild Richtung Arvidsjaur. Wir kamen wirklich sehr gut voran und die Hunde liefen wie ein Uhrwerk. Wieso also nicht den ursprünglichen Gedanke in die Tat umsetzen und doch Richtung Arvidsjaur fahren? Da es nun mal die erste Tour in dieser Art für mich alleine in Schweden war, hatten wir daheim genau abgesprochen, wo ich lang fahren würde. Sollte irgendwas passieren, hatten die anderen zumindest eine Vorstellung davon, wo ich mich aufhalten könnte. Also blieb ich auf dem abgesprochenen Weg und schickte mal wieder meinen aktuellen Standort an Timo und das war auch gut so.

Es gab mehrere Stellen an denen ich dachte, wie schön es hier einfach ist. Das km lange über den See fahren mit einer weiten Sicht, die Wegweiser aus
Holz, die den nächsten Ort ankündigten, der Himmel, der sich immer weiter aufklarte, der Wald mit seinen schneebedeckten Bäumen oder die Bergkuppe am
Strommast, wo ich runter sehen konnte.

Ich kam in Adak an und die Hunde waren noch nicht müde. Also überlegte ich nicht lange und fuhr einfach weiter. So kam es, dass ich über einen längeren See den Sonnenuntergang entgegenfuhr. Der Himmel färbte sich in mehrere Orange-Töne und der Schnee glitzerte vor sich hin.

Während du über diesen langen See fährst und den weiten Blick in die Ferne schweifen kannst, hast du auch automatisch Zeit in Gedanken zu schweifen.
Der Moment kommt dir so ewig vor. Jetzt stehe ich hier auf einen Schlitten mit den eigenen Hunden davor und kann mich einfach nur unglaublich glücklich schätzen, dieses Leben gemeinsam mit Timo und unseren Hunden leben zu dürfen. Hätte mir dies einer vor 10 Jahren gesagt, dass ich heute hier stehen würde, dann hätte ich dies nicht geglaubt. So viele Ereignisse mussten geschehen und mein Leben hätte auch eine völlig andere Richtung einschlagen können. Vor 10 Jahren habe ich genau die richtige Entscheidung getroffen und kann heute sagen zu den glücklichsten Menschen dieser Welt zu gehören. Die Hunde werden immer mein Lebensmittelpunkt und Herzschlag sein, denn ohne unsere Fellnasen stände ich heute mit Sicherheit nicht hier.

Wahrscheinlich war ich einfach zu fasziniert von der Natur um mich herum und dem großen Glück hier dieses Abenteuer zu bestreiten, dass ich an der zweiten Hütte unbemerkt vorbei fuhr. Wir kamen dann an einer Feuerstelle in der Nähe eines Berges und geschützt von umstehenden Bäumen, wo ich für entschied stehen zu bleiben. Ich lenkte den Schlitten an einen guten Platz und als ob die Hunde ganz genau wüssten was käme, legten sie sich hin und rollten sich teils ein. Als erstes zog ich allen die Booties aus und bereitete das Hundefutter vor. In zwei Thermoflaschen hatte ich Starter-Wasser und dazu schmelzte ich Schnee. Der Kocher begleitet uns so oft auf unsere Touren und ich bin froh, dass wir diesen haben. Es wurde dunkel und bei klaren Himmel auch immer kälter. Nachdem die Hunde mit ihren Mahlzeiten versorgt waren, konnte ich auch was Essen. Gaby hatte mir Zuhause meine Spagetti mit Tomatensauce einvakumiert. Eine sehr praktische Sache, denn so konnte ich den Beutel einfach in das warme Wasser, welches ich für die Hunde vorbereitete, schmeißen. Das hatten wir damals auch so bei Martin gesehen. Er bereitete sich sein Essen immer so vor. Im Kocher kochte das Starter-Wasser für den nächsten Tag vor sich hin, während ich das Zelt aufstellte. Die Nacht schliefen wir dann alle gemeinsam im Zelt.

Wie stellt man sich eine Nacht im Zelt in der Einsamkeit vor? Schön warm eingemummelt im Schlafsack, um mich herum alle Hunde, die mich wärmen. Die flauschigen Samojeden mit deren Fell man kuscheln könnte und die Stille, der man lauschte. So oder so ähnlich. Die Realität sah so aus, dass ich zwar einen schönen warmen Schlafsack hatte, mir jedoch meinen Platz erkämpfen musste, weil die Flockys es vorzogen auf meine Iso-Matte zu liegen. Um mich herum Hunde, deren Fell aber auch oberflächlich klamm wurde. Eine schnarchende Willow, die die Stille untermauerte. Frost in der Innenseite des Zeltes und damit du auch nicht auf die Idee kommst zu lange zu schlafen, kommt in der Nacht eine Skadi mit ihrem halben Vorderkörper und dem leicht klammen Fell in den Schlafsack gekrabbelt.

Wenn du dich nicht mindestens einmal auf so eine Tour fragst, „warum mache ich das Ganze nochmal?“ ist es vermutlich nicht vollständig. Und das erinnert mich an ein Bild, welches ich vor ein paar Tagen auf Facebook fand und dies in Bezug auf die Teilnahme eines LD-Rennens beschrieb. Zuerst hast du eine Idee für eine Tour und freust dich. Du bist ganz optimistisch und fährst los, während du irgendwo unterwegs an einen Punkt kommst, wo du selbst über dich zweifelst solche Dinge zu machen. Und während du auf dem Rückweg bist, fragst du dich schon selbst wann das nächste Abenteuer beginnt und planst für dich die nächsten Herausforderungen. Ja dieses Bild beschreibt den Kreislauf unserer Abenteuer sehr gut.

Ehrlich gesagt war ich in der Nacht froh nicht das erste Mal Biwak zu machen und dies schon daheim mehrmals ausprobiert zu haben. Mit jeder Biwaktour fällt dir ein, was du sonst noch so planen und mitnehmen könntest. Für dieses Abenteuer hier in Schweden fühlte ich mich echt gut vorbereitet und es lief auch alles gut. Selbst als das Handy beim Aufladen mit der Powerbank anzeigte ich solle dies an einen wärmeren Ort legen, um das Handy laden zu können, fand ich meinen Weg, dass ich nach ein paar Stunden Schlaf wieder 100% Akku hatte.

In der Nacht um 4 war ich hellwach und beschloss aufzustehen. Es war dunkel und der Himmel inzwischen zugezogen. Drei Stunden zuvor konnte man noch
einen klaren Sternenhimmel erkennen. In aller Ruhe brachte ich die Hunde wieder auf ihre Plätze, bereitete das Wasser für eine Hundesuppe und einen warmen Kakao vor und packte meine Sachen zusammen. Einzig Loki war nicht so der Geduldigste und hätte gleich loslaufen können, wenn es nach ihm gegangen wäre. Zum Frühstücken war ich irgendwie viel zu aufgeregt. Kennt ihr dieses Gefühl zur gleichen Zeit einfach nur glücklich aber auch unfassbar stolz zu sein, sodass ihr am liebsten in diesem Moment stehen bleiben wollt? Aber es half ja alles nichts. Während dem Packen fing es an leicht zu schneien und ein Sonnenaufgang konnten wir heute nicht beobachten. Dafür ging es durch einen Wald, wo sich an den Bäumen die Kälte der letzten Nacht zeigte und der Frost sich teils wie Ketten über die Äste legte. Aus dem Wald raus ging es dann auf ein See, wo mich raus aus geschützten Wind-Gebiet die Kälte ein wenig umhaute und mein Kreislauf etwas ins Schwanken kam. Vielleicht war es auch das fehlende Frühstück, was ich so mit Sicherheit auch nicht noch einmal mache.

Die Hunde ließ ich laufen, während mich halb auf die Kufen gehockt, eine Kleinigkeit aß und meinen Kakao trank. Spätestens, wie wir vom See runter kamen und ich mehrmals die Karte mit unserem aktuellen Standort vergleichen musste, um auf dem richtigen Trail zu bleiben, ging es auch schon wieder. Der Schneefall wurde stärker und unsere Wege wurden wieder zugeschneit. In Mala ging es mitten durch das Dorf und ich fragte mich mehrmals, ob dies so richtig sei. Aber es fanden sich immer wieder Skoterkreuze, die unseren Weg bestätigten. Drei größere Seen mussten wir heute früh überqueren. In Schweden ist alles ein wenig weiter und so waren wir auch hier nicht innerhalb von 10 Minuten über einen See. Es dauerte dann schon mal eine gute halbe Stunde, bis du wieder auf dem Land warst. Aber wir hatten Glück, dass alles zugefroren war und sich nirgendswo offene Wasserflächen gebildet hatten.

Insgesamt sind wir um die 80 km gefahren und bis auf in Mala selbst hatten wir erstaunlicherweise keinerlei Begegnungen mit anderen Menschen.

Als ich die Auffahrt zum Geidel-Haus hoch fuhr und das Haus immer näher kam, stand auch schon Gaby vor der Tür, die mir zuwinkte. Jetzt beim Schreiben hab ich wieder ein riesen Grinsen im Gesicht. Es war so schön, Gaby in diesem Augenblick zu sehen. Den ganzen Urlaub hat sie uns komplett begleitet und war immer da. So einen herzigen Menschen muss man einfach festhalten.

Timo kam auch gleich als ich noch die Hunde versorgte. Schon vor unserer Anreise in Schweden, hatte ich mit einer Biwaktour geplant und mir immer wieder anhören müssen, dass er alleine nach Hause fahren würde, wenn ich nicht bis zum Abreisetag wieder da sei. So muss er die Flockys und mich wohl doch wieder mit Heim nehmen und darf sich auf viele weitere lustige Ideen, die ihn vielleicht noch das ein oder andere Mal den letzten Nerv rauben werden, freuen.

Wir hatten es geschafft! Unser erstes Biwak – Abenteuer in Schweden! Und eines steht fest, es wird noch lange nicht unser letztes Abenteuer gewesen sein.

CR Samira Kippschull
Heart of Nature Sleddog-Kennel (FCI)

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